Richard Nicoll, Vanessa Bruno, Acne

Komischerweise gucken wir uns seit neuestem immer mehr bei den Männern ab oder habe ich nur dieses Gefühl? Der Boyfriend-Look, der Boyfriend-Shape, die Boyfriend-Friese. Geht’s eigentlich noch, überall dieses bekloppte Attribut „Boyfriend“ anzuhängen? Dem Typen gehören die Klamotten doch noch nicht einmal, geschweigen denn der Style. Den Anzug dürfen Frauen ja auch tragen ohne ein hirnrissiges Attribut anzuhängen. Und da wären wir doch gleich mal beim Punkt: der Anzug.

Langsam aber sicher verstehe ich die alltägliche Uniform vieler Männer. Sie ist so grandios einfach, dabei so ordentlich und strahlt irgendwie ein Gefühl von Stärke aus. Männer gelten als sexy in Anzügen, haben ich mir sagen lassen – nein finde ich ja selbst und dann erwischte ich mich dabei, wie ich meinen ersten Hosenanzug kaufte, er war schwarz – im Smoking-Style. Er konnte leider im Alltag nicht bestehen, also musste ein neues Modell her – kompatibler – der Anspruch an einen guten Anzug – er muss mit Sneakern gehen, mit Pumps mega aussehen und mit Flats so seriös ,wie man eben mit einem Lockenkopf aussehen kann. Das Smoking-Modell wird an Sylvester wieder aus der Versenkung gehoben und die Alltagsmodelle, die dieses 3-Phasen-Auswahlkriterium durchlaufen haben und im letzten Jahr in meinen Schrank gewandert sind, hören auf die Namen Isabel Marant, Acne & Haider Ackermann.

Mein Loblied an den Anzug beginnt mit einer schmalen Bleistifthose, die dem Knöchel seine Sichtbarkeit zurück gibt und geht über eine hüftlange Blazerjacke zu einem haarscharfen Revers. Eine Sakko-Jacke darf nicht sitzen wie eine Presswurst – nie –niemals, dann kauft die Jacke einfach etwas größer. Man schließt die Jacke genau wie bei den Männern nur im obersten Knopfloch – das ungeschriebene Gesetzt der Styler ;-) . Bei dem Revers gibt es unzählige Möglichkeiten, zur Zeit stehen die Trendjäger auf sehr schmale Revers, ähnlich wie in den späten 80ern und 90ern. Der Look sollte clean und unaufdringlich rüberkommen, lässig aber auch irgendwie individuell, deshalb sind weiße Hemden manchmal gar keine so gute Idee – sie wirken zu juristisch, genau wie die Farbe Grau. Sie ist zwar gerade überall verstylt, aber in der Business-Wear irgendwie sehr schwerfällig.

Hat man einen guten Anzug gefunden, kann man das gute Stück clever mixen, im Set oder jedes der Teil einzeln in unsäglichen Kombinationen. Schon deshalb lieben wir Anzüge – sie sind Platz-sparend, effizient, überaus stylish und eben modern.

Wir brauchen keine Tonne von ihnen, wie etwa bei den Sommerkleidern oder Blusen, die feinsortiert bereits die dritte Kleiderstange einnehmen. Vielleicht können wir uns das bei den Jungs abgucken:  Weniger ist weniger und verursacht auch weniger Kopfchaos. Der Anzug – mein Kleidungsstück 2013.