MC: Ein großes „X“ steht im Raum! Wie sieht denn so ein Resümee nach 10 Kollektionen aus, Herr Blechman?

DB: In 10 Kollektionen hat sich alles geändert. Am Anfang war alles eher ein Projekt, das ich mit Freunden gegründet habe, frei nach dem Motto : „Lass doch mal ein Modelabel gründen“. Ich habe eigentlich Innenarchitektur studiert, aber immer in der Mode gearbeitet – als Einkäufer, als Stylist, im Vertrieb und irgendwann kommt man an den Punkt, dass man es einfach selber machen will. Ich meine die Sachen, die mir gefallen haben, waren einfach super teuer.

MC: Was hat dir denn gefallen?

DB: Ann Demeulemeester, Dries van Noten  –  ich habe meine Freunde auch immer ein Stück weit modisch beeinflusst und die Idee schlummerte schon lange in mir und ich habe mich auch schon gedanklich damit befasst.

MC: Der Name ist Programm?

DB: Ich wusste schon immer, dass mein Projekt „SOPOPULAR“ heißen sollte. Ich habe vor einigen Jahren ein Interview mit Kurt Cobain gelesen, in dem er sagte, „It‘s tough to be so popular“.

MC: Wie hat sich denn im Laufe der Jahre die Linie entwickelt?

DB: Am Anfang war es mehr mein eigener Stil, den ich mit eingebracht habe und im Lauf der Zeit hat sich das Ganze natürlich entwickelt. Man sieht nach ein paar Saisons ganz genau, was funktioniert, was sind Flops. Wir haben stark an den Passformen gearbeitet, haben Materialien verbessert und auch personelle Veränderungen vorgenommen um 10 Kollektionen auf die Beine zu stellen. Man darf  natürlich auch niemals vergessen, dass es sich um eine wirtschaftliche Unternehmung handelt, in der es nur zu 30% um Kreativität geht.

MC: Was heißt für dich Mode im Allgemeinen? Ich stelle die Frage bewusst so schwammig, weil ich einfach mal sehen möchte, wie du an Mode rangehst!

DB: Mode ist für mich ein Ausdrucksmittel, ähnlich wie Musik, ein Ausdruck des Wohlbefindens – ich gehe damit sehr spielerisch um. Was ich wirklich schlimm finde, sind Fashion Victims – ich brauche niemanden, der sich SOPOPULAR kauft, weil er denkt es sei gerade dass Fashion Piece schlechthin – ich kleide eher Männer, die mit sich im Reinen sind, die ihren Stil gefunden haben und bewusst ausleben.

Ich bin niemand, der lange Reisen oder Orte braucht um Inspiration zu finden. Ich habe lange in London gelebt – ich nehme meine Ideen eher aus meinem eigenen Leben, das sind meine Freunde, mein Umfeld, die Stadt, in der ich lebe. Es ist das tägliche Aufsaugen:  Das können zum Beispiel ganz normale Menschen auf der Straße sein, die dann ein interessantes Detail tragen. Ich merke mir selbst die kleinste Kleinigkeit.

Mittlerweile habe ich für mich eine klare Designsprache gefunden, ich weiß wo ich hin will, wie sich alles homogen weiterentwickeln soll: High-Fashion-Elemente mit Streetwear zu kombinieren sind ein Aspekt und Uniformen und das Thema Militär sind weitere Konstanten meiner Arbeit.

MC: Wo kommt denn diese Ausprägung her?

DB: Ich kann es dir ehrlich gesagt nicht beantworten. Es ist einfach eine Vorliebe.

Und bevor ich erst mal anfange zu designen, höre ich meine Musik hoch und runter, alles was mich in der letzten Zeit gecatcht hat und dann auch einmal quer durch: von Marylin Manson über Arctic Monkeys bis hin zu Kings of Lion.

MC: Zwischenfrage: was ist den gerade der Song of the week?

DB: Ich habe gerade keinen Song, ich habe ein Album und zwar ist es das neue Arctic Monkeys Album. Zwischendrin ist immer mal wieder Marilyn Manson. Irgendwie ist immer ein bisschen Rebellion drin. Das gibt mir Power und Energie.

MC: Rebellion – Militär. Sträubst du dich gerade gegen irgendwas?

DB: Es gibt immer irgendwas was mich nervt, ich möchte einfach nicht mit dem Strom schwimmen, aber auch nicht dagegen – ich möchte meinen eigenen Strom kreieren. Ich muss nicht unbedingt Trends hinterherrennen, versuchen so zu sein wie in Paris, Mailand oder sonst wo. Klar, ich versuche international zu denken, aber immer mit dem Standbein Berlin.

Die Stadt erinnert mich oft an London vor 10 Jahren, die Stadt ist im Aufbruch – künstlerisch noch sehr fragil, in einem Entwicklungsstadium eben. Man kann sich noch gut einfinden und seinen Platz ausmachen. Berlin ist für mich etwas rotziges, etwas kalt, rough, aber auch sehr gradlinig – im Gegensatz zu London. London hat einfach tollere Designer, tolle Mode, tolle Musik, das versucht Berlin gerade noch zu werden. Was sehr spannend ist.

MC: Wenn man sich gerade in der Mode umschaut, fällt schnell auf, dass Grenzen zwischen den Geschlechtern verschwimmen. Wie stehst du eigentlich zu dem ganzen Unisex-Thema? Hättest du ein Problem, wenn Frauen deine Kleidung tragen?

DB: Es gibt da zwei Grundideen von mir. Zum einen liebe ich Frauen, die wirklich maskulin angezogen sind. Ich liebe zum Beispiel Tilda Swniton. Frauen, die einen tollen Style haben und denen das auch steht.

Aber ich halte nichts von Unisex-Mode, ich finde einfach Frauen haben ein anderes Verständnis von Mode als ein Mann. Bei Männermode muss die Passform sitzen, das Material stimmen und dann ist ein Mann sehr loyal. Er wird immer wieder kommen, wenn er sich einmal erfolgreich in einem Label gekleidet hat. Männer sind nicht so leidensfähig wie eine Frau, die sich vielmehr hingeben kann für eine Sache, ein paar Schuhe, eine Tasche. Frauen denken viel mehr darüber nach, was sie anziehen werden; sie würde sogar ein paar Schuhe tragen, die eine Nummer zu klein sind, nur weil sie den Schuh so stylisch finden. Das würde ein Mann niemals tun. Die Herangehensweise an Mode ist auch bei Männern und Frauen total unterschiedlich. Die Männermode ist eher von Perfektion bestimmt, bei Frauen ist das Ganze eher Spielerisch zu sehen.

MC: Es gibt so eine enorm junge Gruppierung, die Unisex wirklich leben. Das sind Jugendliche in internationalen Großstädten. Bei denen ist wirklich nicht mehr klar, Mann oder Frau.

DB: Aber das gab es schon immer. Ich liebe diesen Stil, das ist ja auch das Phänomenale an London. Das sieht man dort zu Hauff – eine total zerfetzte Jeans mit Heels und eine ultra-teure Chanel Handtasche oder ein teures Kleid mit einem alten Herrenblazer und Nike Turnschuhen. Ich liebe es,  wenn Frauen das gekonnt mischen.

MC: Mir ist eines deiner Hemden in die Hände gefallen und ich dachte mir was für ein toller Schnitt und Style.

DB: Wir haben zum Beispiel viele Hosen, die wir an Frauen verkaufen. Aber das ist immer typgerecht – es gibt einen bestimmten Style, den Frauen tatsächlich von uns kaufen und es lieben. Aber diese Art des Mischens und Kombinierens finde ich super. Wir bekommen so viele Anfragen von Frauen, wann macht ihr denn endlich Frauenklamotten? Die Idee dabei ist unglaublich spannend. Aber meine Philosophie ist es, eine Sache erst mal richtig gut zu machen, bis man eine neue Sache anfängt.

MC: Vielen Dank.

Bilder & Text: Katrin Schlotterhose