Vikor&Rolf, Dior, Maison Martin Margiela

Ready to Wear Fashion Weeks gibt es mittlerweile in unzähligen Städten auf der ganzen Welt.

Die Haute Couture jedoch ist Paris vorbehalten. Zwei mal im Jahr kann man die Tradition der hohen Schneiderkunst in der französischen Hauptstadt bestaunen.

Längst ist die Couture-Woche nicht nur für die großen Häusern reserviert, immer mehr junge Designer wagen sich in die Arena und schlagen sich mehr als wunderbar. Um dann tatsächlich in die  Club Privé der Couture Clique aufgenommen zu werden, müssen die Modehäuser strengste Kriterien erfüllen. Die Chambre Syndicale de la Haute Couture bewahrt damit eine Jahrhundert alte Tradition.

Haute Couture hat immer noch etwas Magisches. Der Schauenkalender ist nicht so ausgefüllt wie während der „normalen“ Fashion Week. Der Stressfaktor sinkt. In den ersten Reihen kann man große Kundinnen entdecken: Prinzessinnen, wohlhabende Gattinnen von wohlhabenden Ölscheichs oder eben auch Kirsten Stewart. Die Kundinnen stehen bei der Haute Couture in einem besonderen Licht. In keinem anderen Bereich der Modebranche ist das Verhältnis von Modehaus und jeder einzelnen potentiellen Käuferin so wichtig wie hier. Nur die wenigsten können sich heutzutage ein maßgefertigtes Kleid eines Namenhaften Designers leisten und schon lange kommen die Kundinnen nicht mehr aus Europa oder Amerika.

Christian Dior

Auffällig war in diesem Sommer der Fokus auf moderne Stofflichkeiten und futurische Looks – von Chanel über Maison Martin Margiela bis hin zu Christian Dior. Das Publikum konnte neben Traumroben wie bei Elie Saab, Giambattista Valli und Zuhair Murad oder rockig moderne Looks wie bei Alexandre Vauthier und Bouchra Jarrar raffinierte Techniken und neuste Entwicklungen der Textilien bewundern.

Paradebeispiel hierfür war die Kollektion von Dior, oh Dior. Raf Simons war wohl das Beste, was dem Modehaus passieren konnte. Noch nie war das Label so modern wie heute.  Der Belgier brachte eine besondere Vielfalt auf die Bühne. Kein roter Faden sagen die einen? Naaah. Eine brillante Mischung, für die brillante Frau von heute, voilà! Wie Rosinen pickt sich Simons Aspekte aus verschiedensten Kulturen heraus und setzt sie geschickt zusammen.  Brillant war auch die Idee Patrick Demarchelier, Terry Richardson, Paolo Roversi und Willy Vanderperre hinter den Kulissen jeweils ihre Sicht der Kollektion festhalten zu lassen. Ihre Bilder wurden während der Schau groß projiziert

Ulyana Sergeenko

Genau genommen handelt es sich bei der Kollektion der niederländischen Designerin Iris van Herpen nicht um HAUTE Couture sondern NUR um Couture. Sie erschaffte mit  digitalen Techniken Atemberaubendes. Eines ihrer Kunstwerke hatte sogar Vögel integriert. Yiqing Yin und Serkan Cura reihen sich außerdem in die Reihe der Futuristen ein und zeigen damit, dass Off-Schauen zu Highlights geworden sind. Maria Grazia Chiuri und Pierpaolo Piccioli von Valentino dagegen nahmen das Publikum mit in die Renaissance. Schwere Herrenstoffe vereinten sich mit femininer Spitze. Die Designer zeigten neben ihren umwerfenden Kleidern für den besonderen Anlass auch überraschenderweise viele Ensembles für den nicht ganz so besonderen Anlass.

Tragbares war ein wichtiger Aspekt bei vielen Designern dieser Woche.

Armani Privé

So auch bei Armani Privé. Exakt geschnittene Long Jackets, wunderschöne Blusen, Marlene-Hosen und –Frisuren. Seine puder-und nudefarbene Kollektion war wohl die eleganteste dieser Woche.

Viktor Horsting und Rolf Snoeren machten sich und der Modemeute zu ihrem 20 Jubiläum ein besonderes Geschenk: nach 13 Jahren Coutureabstinenz zeigten sie diesen Sommer wieder eine Not Ready-To-Wear Kollektion. Viktor & Rolfs Défilées haben immer etwas Theatralisches. Neben den Kleidern verzaubern die Designer das Publikum auch immer mit einem besonderen Szenario – dieses Mal war es ein japanischer Zen Garten. Nachdem die Designer die Schau mit einer Meditation eröffnet hatten, durften die Mannequins allesamt in schwarz über das Podium défilieren. Die Kleider waren sehr konzeptionell, voluminös und allesamt aus dem selben Seidengemisch geschneidert. Am Ende drapierten die Designer jedes Model zu einem lebendigen schwarzen Stein.

(Auf der Straße erzählt man sich, dass die halbe Kollektion bereits von einem Sammler aufgekauft wurde.)

Viktor & Rolf

Und wie sehen die anderen Designer die Haute Couture tragende Frau von heute? Jean Paul Gaultier sieht vor Allem Raubkatzen-Ladies und Cougars. Cougar Donatella schickte sexy Naomi Campbell bei sexy Atelier Versace über den Catwalk und zeigte in ihren Entwürfen viel Haut. Ulyana Sergeenko erzählt in ihrer Kollektion ein russisches Märchen. Christian Lacroix tauchte nach vielen Jahren aus der Theaterwelt auf und zeigte im Les Arts Décoratifs seine Interpretation von Elsa Schiaparelli.

Und Chanel? Chanel ist Chanel ist Chanel. 68 Looks und was bleibt? Die Overknee-Stiefel aus Wildleder bitte.

Chanel

//Inna Fischbruch

Bilder: PR