Ballett liebt Mode. Bereits 1924 zeigte sich, dass diese beiden Welten eine perfekte Verbindung ergeben. Als Serge Diaghilev damals das Stück „Le train bleu“ entwickelte, gab es keine passendere Kostümdesignerin als Coco Chanel. Sie entwickelte Bühnenoutfits mit French Riviera Stil: gehäkelte Badeanzüge und moderne Sportbekleidung. Damals Revolutionär.

Heutzutage, so könnte man meinen, gehört es umso mehr zum guten Ruf eines Designers einen Abstecher in die Welt des Tanzes zu wagen. Dabei ist der Anspruch, Kostüme für ein Ballett zu entwerfen ein deutlich höherer als für den Laufsteg, da es tatsächlich nicht nur um die Optik und Wirkung geht, sondern auch darum, eine Geschichte zu erzählen bzw. Emotionen zu unterstreichen. Ganz davon abgesehen, dass Abend für Abend darin getanzt werden soll.

Sicherlich, die Kompanien profitieren auf doppelte Art und Weise: nicht nur, dass die Designer Modernität mit sich bringen. Durch die Wahl der Createure wird ein bestimmtes (und seien wir ehrlich, junges) Publikum angezogen.

Im vergangenen Mai konnte man sowohl in New York als auch in Paris gleich drei besondere Zusammenarbeiten bewundern.

Wir schauen zurück auf diese gelungenen Liebesgeschichten.

Rodarte

Die Mulleavy-Schwestern können mittlerweile auf eine ganze Serie von Kollaborationen zurückblicken. Sie entwarfen nicht nur die Kostüme für den Oscargekrönten Film Black Swan, sie arbeiten außerdem regelmäßig mit dem New Yorker Ballett zusammen. Ihr letzter Clue: grafische schwarz-weiße Bühnenoutfits mit Cut-Outs für das von Benjamin Millepied choreografierte Stück „Two Hearts“. Ihre Kleider waren modern und von einer interessante Simplizität. Die Tänzerinnen hätten nach ihrem Auftritt genauso gut durch die Straßen New Yorks flanieren können.

Altuzarra

Ein weiteres gelungenes Beispiel für Fashion meets Ballet. Für das von Christopher Wheeldon choreographierte Pas de Deux „A Place For Us“ entwarf der gebürtige Pariser, der in seiner Jugend selbst tanzte, cleane blassblaue Ensembles. Schlicht und frisch wie sie waren, hatten sie nichts mehr mit dem 0815-Tutu-Stil von Vorvorgestern zu tun. Joseph Altuzarra beschreibt seine Kreationen selbst als: “the American sense of ease, nonchalance, and playfulness“

Riccardo Tisci

Das Pariser Palais Garnier, eine der bedeutendsten Opern der Welt, zückte hingegen ein anderes Ass aus dem Ärmel: Riccardo Tisci entwarf die Bühnenoutfits für das von Marina Abramovic, dem belgischen Choreographen Sidi Larbi Cherkaoui und Damien Jalet  entwickelte Stück „Boléro“. Für Riccardo Tisci, Absolvent der berühmten Central Saint Martin School in London und heute kreativer Kopf von Givenchy, war es ein Debüt in Sachen Kostümdesign.

Seine Interpretation des Stückes war eine Form von düsterer Romantik, ein Spiel mit Transparenz und Nacktheit.

Die Stärke des von Maurice Ravel komponierten „Boléros“ liegt in seiner Wiederholung. Langsam und gleich bleibend wird dasselbe Thema 17 Minuten lang wiederholt. Dieses Motiv wurde auch in der Umsetzung aufgegriffen: Es gibt keinen Haupttänzer, Männer und Frauen tragen immer dieselben Kostüme. Unisex als Trend ist auch hier angekommen. Unter einem schwarzen langen Cape kam ein transparentes Tüllkleid und ein hautfarbener Catsuit zum Vorschein, der mit weißen Spitzenapplikationen in Form des menschlichen Skeletts bestickt war. Im Gesicht er Tänzer spiegelte sich das Spitzenmotiv ebenfalls wieder.

Im Verlauf des Stückes legen die Tänzer nach und nach die unterschiedlichen Lagen ab. Am Ende tanzen nur noch Skelette auf der Bühne. Tisci: “ I wanted the dancers to feel naked somehow,” (Zitat WWD.com)